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Unglaublich, aber wahr!

Astrid Stiefel • 28. November 2023

Streiten auf Ägyptisch

Ein Mieter, der seit 6 Jahren ein Auto von uns hat, und trotz mehrmaligen Angeboten das Auto nicht kaufen wollte, hat sich zum ersten Mal nicht gemeldet, um die Miete zu bezahlen. Da ich in Hurghada bin, rufe ich in an. Keine Antwort. Kurz darauf der Rückruf. Nach freudiger Begrüßung antwortet eine Ägypterin in gebrochenem Englisch.


Sie ist seine Frau und erklärt mir, dass er nicht ans Telefon gehen kann. Ich verstehe, er sei krank und meine, er solle sich melden, wenn es ihm besser gegt. „No, no, you dont understand. He is maet!“ Ich bin betroffen. Er ist gestorben. Ja, er war alt, aber letzten Monat war er noch quietschfidel. Ich spreche mein Beileid aus. Es tut mir wirklich leid. Ich erkläre ihr dann, dass ich das Auto abhole.


Sie ist der Meinung, das Auto sei gekauft. Ich versuche ihr zu erklären, dass das Auto nicht gekauft wurde, sonderg gemietet. Leider reichen meine Arabischkenntnisse nicht soweit. Damit es keine sprachlichen Mißverständnisse gibt, lasse ich unseren Mitarbeiter anrufen um es in der Muttersprache zu klären. Doch als er mich zurückruft, reicht sein Englisch nicht aus um mir zu sagen, was los ist. Er fragt, ob wir einen Vertrag hätten.


Ist eigentlich vollkommen überflüssig. Das Auto ist auf Andreas zugelassen und das genügt um zu beweisen, dass es unser Auto ist. Trotzdem bitte ich Andreas, mir die Akte zu suchen, damit wir das Auto direkt holen können. Ich ahne, dass es Probeleme gibt, deshalb bin ich froh, auch einen Ersatzschlüssel zu haben.


Essam bestätigt mir, dass ich alles richtig verstanden habe. Die Frau ist der Meinung, das Auto sei gekauft und gehöre nun ihr. Und sie sei nicht bereit, Rochsa (Fahrzeugschein) und Schlüssel auszuhändigen. Kein Problem. Ich habe Ersatzschlüssel und Rochsa ist einem Tag gemacht.


Essam und ich fahren gemeinsam in die Stadt, denn es muss auch noch ein anderes Kundenfahrzeug zurückgegeben werden. Da ich aber auf Nummer sicher gehen will, schaue ich jedoch als erstes, ob das Auto da steht. Jaaa! Ich parke weiter weg und fahre mit Essam wieder zum Auto. Zielstrebig gehe ich hin. Es wurde mit Reifen und Wasserflaschen demonstrativ gesichert und drei Ägypter fragen mich angriffslustig, was ich hier mache. Auch ich bin schon auf Kravall gebürstet und fauche sie an, dass ich mein Auto nehme. „No, that is the car from Abdullah!“ „No, thats mine.“

Ich solle das beweisen. Da werde ich erst einmal richtig sauer. Ich schaue den Redensführer an und frage ihn, wer er eigentlich sei. Ich müsse ihm überhaupt nichts beweisen, ich hätte nämlich den Schlüssel. Ich sperre auf und sehe, wie die drei zum Telefon greifen. Ich möchte starten, doch leider wurde wohl das Zündschloss ausgetauscht. Prima. Ich steige aus und fordere Essam auf, einen Pickup zu bestellen.


Natürlich kommen jetzt zwei Frauen, die telefonisch informiert wurden. Die Disskussion geht wieder los, wem das Auto gehöre. Sie solle doch einfach auf die Rochsa schauen, da steht der Besitzer drauf. Nein, dass mache sie nicht. Da beschimpfe ich sie lautstark als Betrügerin. Essam versucht zu beschwichtigen und erklärt nochmal in Arabisch. Ich zeige den arabischen Vertrag, den sie ja unbedingt sehen möchte, auf dem Handy. Beide Frauen lesen. Essam meint, ich solle alle Papiere kopieren. Also tiegere ich los zu Vodafon um die Ecke, frage ob man mir bitte ein Papier kopieren könnte. Sie machen es. Ich gehe zurück und gebe den beiden Frauen die Vertragskopien. Inzwischen ist auch der Neffe eingetroffen. Sie lesen die Papiere nocheinmal Man möchte die Papiere prüfen, ich solle am nächsten Tag wieder kommen. Mir reisst langsam der Geduldsfaden. Immerhin wäre ich jetzt mit Andreas und Freunden zum Essen gegangen. Er fragt schon, ob sie vorfahren sollten. Und Ich könne Michael, unseren Anwalt jederzeit um Hilfe bitten.

„Nee, es kommt gleich der Pickup und ich nehme das Auto mit. Aber es wird dauern, geht schon mal vor.“, war meine optimistische Antwort.


Ich warte auch keinen Tag, denn dann ist das Auto verschwunden. Das sage ich auch den dreien. Inzwischen haben auch die Securitys den Vertrag gelesen und sind auf meiner Seite und versuchen die Drei dazu zu bewegen, mir Schlüssel und Rochsa auszuhändigen.

Der Neffe ist immer nocb davon überzeugt, dass das Fahrzeug auf seinen Onkel Abdullah angemeldet ist und geht jetzt in die Wohnung um auf der Rochsa nachzuschauen.


Ich frage Essam, wann der Pickup kommt. Er schaut mich an wie ein Unschuldslämmchen und meint, er hat diesen noch nicht bestellt. Er ist halt ein Gutmensch und glaubt, es geht so zu regeln. Ich versuche nochmal einzulenken und will mich mit der Frau versöhnen, aber die bleibt stur. Sie beschimpft mich und meint, ich darf gar nicht einfach in ihr Auto gehen.

Jetzt sage ich Essam doch sehr eindringlich, er möge den Pickup bestellen. Der Neffe kommt, bestätigt, dass Andreas Diefenbach auf der Rochsa steht, gibt mir aber trotzdem nicht die Papiere. Der Pickup kommt endlich.

Jetzt kommt der Knaller. Die Frau stellt sich vor das Auto und schreit den Fahrer an, dass sie die Besitzerin von dem Auto ist und er es nicht mitnehmen darf. Sie stellt sich demonstrativ vor das Auto und der Fahrer – fährt weiter!


Jetzt werde ich sauer. Ich schreie Essam an, dass der Pickup zurück kommen soll zur Not Auto mit Frau abschleppen soll.  Andreas fragt, ob sie vorgehen sollen. Ich erkläre ihm kurz, dass ich jetzt tatsächlich einen Anwalt und die Polizei brauche. Es wird dauern.


Die Frau schreit mich an: "Du sagst, ich bin eine Betrügerin? Ich zeige dir was eine Betrügerin ist. Du hast mein Auto geöffnet und da war meine Kette drin und Geld. 50.000 Pfund! Die hast du gestohlen!" Ich schaue sie an und meine: „Ich kenne dich gar nicht. Und du hast mein Auto gestohlen!“ Jetzt mischt sich der Neffe ein und meint, das Auto sei ja vermietet und ich könne nicht einfach das Auto nehmen. Ich sage ihm, er soll auf das Datum schauen, Miete war vor 2 Tagen fällig, ist nicht bezahlt also hole ich mein Auto. Mietvertrag ist fertig. Die Frau beschimpft mich weiter, ich solle zurück nach Deutschland gehen, man brauche solche Frauen nicht in Ägyten. Ich meinte zu ihr, doch, weil wir arbeiten wenigstens.


Ich frage Michael nocheinmal, wann Sameh, seine Anwältin da wäre, mit Polizei. Sofort! Es ist jetzt halb acht. Essen können wir vergessen und ich glaube, es ist besser, dass Andreas, als richtiger Besitzer, selbst kommt. Das sage ich ihm noch, bevor mein Akku den Geist aufgibt.


Der Security fragt mich inzwischen, ob ich ihm das Auto verkaufen möchte. Ich müsse es gar nicht holen, könnte es einfach stehen lassen. Ich lachte und meinte, erst mal muss alles geregelt sein Zigarette von Essam, Tee vom Shopbesitzer, die es sich gemütlich gemacht haben und großes Kino ansehen.


Sameh kommt endlich. Sie spricht mit der Frau, von der ich noch nicht einmal den Namen weiß. Nach 5 Minuten kommt sie und meint, ich solle kein Wort mehr mit ihr sprechen, sie sei verrückt und sie hole jetzt die Polizei. AAAh, ich dachte, die wäre schon informiert! Sie wählt die 112 und spricht mit der Polizei. Die anderen bestätigen mir alle, dass ich im Recht sei und das gar kein Problem sei. Die Polizei macht eine Halterfeststellung und dan könnte ich das Auto mittehmen. Ich solle mich einfach nur beruhigen. Ich bin ruhig. Ich bin nur hungrig!


Sameh spricht seit 10 Minuten mit der Polizei. Ich frage, warum? „Er nimmt telefonisch den Fall auf, dann kommt er!“ Aufeinmal kommt die Freundin der Witwe und beginnt mit „bilracha, bilracha!“ Langsam, langsam! Sameh schaut sie an. Sie stellt sich vor. Sie ist Eva, die Freundin von Rasha, die Witwe. Sie wäre eine gute Frau. Sie wäre nur so aufgebracht, weil sie nach dem Tod des Mannes nichts mehr habe. Weder die Wohnung war Eigentum, noch das Auto, wie sch nach dem Tot rausstellte. Wir bekämen alles. Ich solle mich nur mit ihr versöhnen. Jetzt kommt Andreas. Ich schaue ihn an und meine: „Sorry, jetzt löst sich gerade alles in Wohlgefallen auf.“


Ich kenne das. Nach einer Entschuldigung ist alles vorbei und vergeben, sogar bei unserem Freund war das so, nachdem er zum Krüppel gefahren wurde.


Also gehe ich zu Rasha, sie stürzt sich in meine Arme und meint, es täte ihr leid und sie wäre total verrückt gewesen. Wir sollen mit in die Wohnung kommen, etwas trinken und sie gibt uns alles.


Wir schicken den Pickupfahrer heim, Sameh sagt der Polizei ab und Andreas beruhigt Michael. Wir gehen in die Wohnung, trinken etwas und ich bekomme alles ausgehändigt. „Hast du auch die 50000 Le aus dem Auto geholt?“, frage ich mit Augenzwinkern. Sie habe nichts mehr, meinte sie. Also gebe ich ihr die Kaution zurück, denn Sie tut mir einfach nur Leid.



Ich wünsche ihr für ihre Zukunft alles gute, wir umarmen uns nocheinmal und verabschieden uns. Früher sagten alle: Typisch Stiefel. Ich sage: Das ist typisch Ägypten!


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